Der RTC Weilerswist
–
einer der ältesten
Radtouristik-Clubs im Rheinland
Der Anfang
– eine Bierlaune
Genau genommen entstand
die Idee, einen Radverein zu gründen, in einer Bierbude.
Während eines Radwandertags im Rahmen der Sportwoche
der Gemeinde Weilerswist im Sommer 1973 vertieften
drei Teilnehmer bei einem Bier die Idee, sich regelmäßig
zu Touren mit dem Fahrrad zu treffen. Es waren Jakob
Breuer, Gerd Breuer und Peter Bönner.
So fanden sich im Jahr 1974 bereits 16 Radsport-Interessierte
zusammen, um den Radtouristik-Club Weilerswist zu
gründen. Das Ziel war die Durchführung von „Radtourenfahrten“
für Gelegenheitsradler und ehemalige Rennfahrer.
Gründungsvorsitzender war der im örtlichen Vereinsleben
bekannte Peter Bönner, der den Verein aufbaute und
ihm bis zu seinem Tod 2012 als Ehrenpräsident angehörte,
war er doch immerhin 25 Jahre lang erster Vorsitzender.
Letzter auch heute noch aktiver „Gründervater“ ist
Hermann Ploog, der damals als Schatzmeister fungierte
und über die vergangenen Jahrzehnte nichts von seiner
Begeisterung für den Radsport verloren hat.
Die erste Fernfahrt im Baumwolltrikot
Neben den regelmäßigen Trainingsterminen unternahmen
die Mitglieder schon im ersten Jahr eine damals
so genannte „Fernfahrt“ in die Schweiz.
Die gesamte Organisation, von den Anschreiben an
die Mitglieder über die Hotelbuchungen bis hin zu
den Reservierungen für Mittagspausen, wurde damals
per Briefpost durchgeführt – eine Erschwernis, die
sich im Zeitalter des „www“ kaum noch nachvollziehen
lässt.
Ebenso wenig mag man sich heute vorstellen, dass
damals die Ausrüstung alles andere als komfortabel
war – auch wenn die Anfangsjahre eigentlich gar
nicht so lange zurückliegen. Doch die Entwicklung
ging rasant voran. Heute fährt niemand mehr mit
vergleichsweise schweren Rädern mit Stahlrahmen,
wo man sich beim Schalten tief bücken musste, um
an die Schalthebel für die dürftigen zehn Gänge
zu gelangen. Körbchenpedale sind ebenso Geschichte
wie die in die Felge zu klebenden Schlauchreifen.
Von den Baumwolltrikots, die die Feuchtigkeit geradezu
aufsaugten, ganz zu schweigen.
Man kannte es eben nicht anders. In diesem Licht
betrachtet sind die damals erbrachten Leistungen
umso erstaunlicher. Etappen von 200 km waren auf
den jährlichen Fernfahrten keine Seltenheit. Besonders
auf den Trainingsfahrten an den Wochenenden zählte
vor allem die sportliche Leistung, der touristische
Gedanke war hier eher zweitrangig. Bis vor wenigen
Jahren konnte man am Ortsschild von Groß-Vernich
eine weiße Linie sehen – die Ziellinie für die Schlussspurts
der Touren, die mit der Strecke von Schwarzmaar
nach Groß-Vernich endeten.
Doch im Lauf der Jahre wurden die Mitglieder ruhiger
und „gesetzter“, auch dem Nachwuchs war und ist
eher das gemeinsame Radfahren wichtig. Das schließt
natürlich gelegentliche Zwischenspurts auf bestimmten
Strecken nicht aus. Und besonders die Kletterkünstler
lassen an langen Steigungen gerne mal Dampf ab.
Sie müssen dann eben auf die Langsameren warten.
Zurück zu den „Fernfahrten“. Am 27. April 1979 startete
der RTC zur ersten von vier Etappenfahrten – wie
die Fernfahrten später genannt wurden – nach Carqueiranne,
der französischen Partnerstadt der Gemeinde Weilerswist.
Das war noch eine Besonderheit, so dass die Abfahrt
vom WDR und die Ankunft an der Mittelmeerküste vom
französischen Fernsehen übertragen wurden.
Die Etappenfahrten fanden sowohl
in Deutschland als auch im Ausland statt, wie die
folgende Liste zeigt:
1974: Von Weilerswist nach Basel-Belp; 4 Etappen;
ca. 500 km
1975: Dreiländerfahrt durch Deutschland, Belgien
und Luxemburg; 4 Etappen; ca. 500 km
1976: Lüneburger Heide; 4 Etappen; ca. 500 km
1977: Durch die Rhön; 4 Etappen; ca. 500 km
1979: Nach Carqueiranne über Luxemburg, die Ardennen,
Burgund; 7 Etappen; 1.200 km;
die längste Etappe war 196 km |
1980: Nach Kevelaer; 2 Etappen; 270 km; es war eine
Gedenkfahrt für Alois Bönner
1981: Durch das Frankenland; 4 Etappen; 502 km
1982: Pfalz und Odenwald: 4 Etappen; 655 km
1983: Harz und Weserbergland; 4 Etappen; 562 km
1984: Nach Carqueiranne durch das Rheintal, entlang
dem Genfer See und durch die Alpen;
8 Etappen; 1.200 km
1985: Schwarzwald und Vogesen; 4.Etappen; 558 km
1986: Westflandern-Sternfahrt; 4 Etappen; 411 km
1987: Frankenwald und Fichtelgebirge; 4 Etappen;
605 km
1988: Durchs Zentralmassiv und die Schluchten des
Tarn; 7 Etappen; 995 km
1989: Eifel, Hunsrück und Luxemburg; 4 Etappen;
524 km |
1990: Auf den Spuren der alten Salzstraße in der
Lüneburger Heide und Holstein;
4 Etappen; 509 km; dabei musste der höchste Berg
Schleswig-Holsteins
bezwungen werden, der 169 m hohe Bungsberg!
1991: Nach Carqueiranne durch Luxemburg und die
französischen Alpen;
8 Etappen; 1.270 km
1992: Weilburg an der Lahn; 4 Etappen; 499 km
1993: Durch Sauerland und Rothaargebirge; 5 Etappen;
652 km
1994: Über Alb und Alpen via Bodensee und Allgäu;
8 Etappen; 1.099 km
1995: Durch den Thüringer Wald; 4 Etappen; 533 km
1996: Idar-Oberstein & Bitburg mit einem Abstecher
nach Luxemburg; 5 Etappen; 569 km
1997: Deutschland-Rundfahrt durch NRW, Niedersachsen,
Thüringen, Hessen und Rheinland-Pfalz; 9 Etappen;
1.138 km
1998: „Ardennen-Stern“ in den belgischen und französischen
Ardennen; 4 Etappen; 450 km
1999: „Von der Kölner Bucht an den Golf von Toulon“
und nach Carqueiranne;
9 Etappen; 1.290 km |
2000: „Zwischen Vogelsberg und Rhön“ ; 4 Etappen; 447
km
2001: Sachsen-Rundfahrt mit Abstechern nach Sachsen-Anhalt
und Bayern; 7 Etappen;
914 km
2002: „Auf den Spuren der Frühjahrsklassiker“ in
Deutschland, Belgien und den
Niederlanden;
4 Etappen; 518 km
2003: Oberbayern-Rundfahrt; 6 Etappen; 788 km
2004: Fahrt nach Attendorn und im Sauerland; 4 Etappen;
485 km
2005: Von Baden zum Bayerischen Wald; 7 Etappen; 954 km
(Fotoalbum)
2006: Dreiländerfahrt Prüm durch Deutschland, Luxemburg und Belgien;
4 Etappen; 420 km
(Fotoalbum)
2007: Pfälzer Wald; 4 Etappen; 458 km (Fotoalbum)
2008: „Grande Boucles des Alpes“ durch die Schweizer und französischen Alpen;
8 Etappen; 847 km
(Fotoalbum)
2009: „Harzer Roller“; 4 Etappen; 475 km
|
2010: „4 Länder - 15 Pässe“ durch Österreich, Liechtenstein,
die Schweiz und Italien;
8 Etappen; 840 km
(Fotoalbum)
2011: Eifel, Mosel, Hunsrück; 4 Etappen; 566 km (Fotoalbum)
2012: Großglockner und Dolomiten; 8 Etappen; 712 km
(Fotoalbum)
2013: Siegerland; 4 Etappen; 505 km
(Fotoalbum)
2014: Allgäu & Tirol; 7 Etappen; 745 km
(Fotoalbum)
2015: Emsland; 4 Etappen; 517 km
(Fotoalbum)
2016: Mallorca; 7 Etappen; 691 km
(Fotoalbum)
2017: Stromberg und Kraichgau; 4 Etappen; 409 km
(Fotoalbum)
2018: Rund um Berlin; Etappen;
7 Etappen; 868 km
(Fotoalbum)
2019: Vier Gänge Saarland; 4 Etappen; 366 km
2020:
ausgefallen
2021:
ausgefallen
2022: Altmühltal und
unterbayerisches Hügelland; 6 Etappen;
658 km
2023: Der Niederrhein an Maas und Rhein;
5 Etappen; 479 km
2024: Kreuz und Quer durch das Münsterland; 5 Etappen;
400 km |
Die Frauenabteilung
Schon bald nach Gründung des RTC nahmen auch Frauen
in beachtlicher Zahl Fahrt auf. Hier hat sich besonders
Gisela Leufer als Rennrad-As hervorgetan, die es
bei den Senioren-Weltmeisterschaften häufig aufs
Treppchen schaffte.
Auch in der Damenabteilung waren Etappenfahrten
sehr beliebt und führten sie bis nach Mallorca:
1983: Eifelfahrt; 4 Etappen
1984: Grenzlandtour; 4 Etappen
1985: Dreiflüssefahrt; 4 Etappen
1986: Wälder- und -Seenfahrt; 4 Etappen
1987: Durch das Frankenland; 4 Etappen
1988: Durch den Westerwald; 4 Etappen
1989: Dreiländerfahrt; 4 Etappen |
1990: Durch die Lüneburger Heide; 4 Etappen
1991: Durch Südfrankreich; 5 Etappen
1992: Durch die Pfalz; 4 Etappen
1993: Rundfahrt auf Mallorca; 6 Etappen
1994: Bodenseerundfahrt; 5 Etappen
1995: Sternfahrt in der Vulkaneifel; 4 Etappen
1996: Durchs Münsterland und Sauerland; 4 Etappen
1997: In der Südwesteifel und Luxemburg; 4 Etappen
1998: Zwischen Hunsrück und Pfälzer Wald; 4 Etappen
1999: Zwischen Schwarzwald und Vogesen; 4 Etappen |
2000: Die Weser entlang nach Bremen; 5 Etappen
2001: Rund um Koblenz; 4 Etappen
2002: Mallorcarundfahrt; 5 Etappen
2003: Durch die Lüneburger Heide; 4 Etappen |
Die erste Radtourenfahrt
Von Beginn an war es das Ziel, sportliche „Highlights“
zu setzen, um damit die Aktivitäten des Vereins
aktiv und attraktiv zu gestalten. Vielleicht war
dies der Grund dafür, dass man ein Jahr nach der
Gründung schon 40 Mitglieder zählte.
Eine der „Attraktionen“ war die im selben Jahr
veranstaltete erste Radtourenfahrt „Rund um
Weilerswist“. Diese RTF werden im Rahmen des
Breitensportangebots des Bundes Deutscher
Radfahrer von örtlichen Radvereinen organisiert.
1975 konnte der Veranstaltungskalender des BDR
nur mit gerade einmal 80 RTF aufwarten. Heute
ist die Zahl der RTF besonders in
Nordrhein-Westfalen geradezu inflationär
angestiegen, so dass man sich etwas einfallen
lassen muss, um die Teilnehmer anzulocken. Der
RTC tat das mithilfe einer anerkannt schönen
Streckenführung durch die Eifel. Seit dem Jahr
2020 wird keine Rad-Touristik Fahrt mehr
angeboten.
Der RTC heute
Betrachtet man die Anfänge, kann festgestellt werden,
dass sich an dem Grundkonzept der ersten Jahre eigentlich
nicht viel geändert hat. Nach wie vor werden während
der Rennradsaison von März bis Oktober mehrere Trainingstermine
pro Woche angeboten.
Und auch heute noch wird in jedem Jahr eine Etappenfahrt
durchgeführt. Früher wurden Im Wechsel in einem Jahr
eine achttägige und im Folgejahr eine vier Tage
dauernde Fahrt organisiert, um den Mitgliedern mit
weniger Zeit und Geld die Gelegenheit zur Teilnahme
zu bieten. Heute wird eine fünftägige Fahrt in
der Woche von Montag bis Freitag durchgeführt. Die Organisation ist nach wie vor mit
sehr viel Arbeit verbunden – eine Arbeit, um die
sich vor allem Horst Kolwinski und Hans Peter
Gilles verdient gemacht haben.
Nicht ohne Stolz können wir daher heute feststellen,
dass der RTC in der gesamten Zeit seines Bestehens
funktioniert hat und aus dem Ortsbild von Weilerswist
nicht mehr wegzudenken ist. Ein Umstand, der bei
zunehmendem „Sterben“ der Vereine nicht selbstverständlich
ist und uns zeigt, dass wir nach wie vor auf dem
richtigen Weg sind, Die aktiven Mitglieder sind
fast alle im Rentenalter, sind jedoch
in lockerer Atmosphäre über die Begeisterung für
den Radsport miteinander verbunden. Leider gibt
es im RTC keine Frauenabteilung mehr.
Übrigens pflegt man auf den Fahrten noch immer,
das eine oder andere Bier zu trinken – zumeist in
der Variante, die die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt.
Es haben sich in jüngster Zeit aber auch andere
Gepflogenheiten eingeschlichen. So ist der Konsum
von Fanta im Steigen begriffen. Wie auch
immer – die gemeinsamen Ausfahrten und Etappenfahrten
machen viel Spaß. Und da es nicht um Rennen geht,
lernen wir die nähere und ferne Umgebung umso besser
kennen.
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